Moskau (IRNA) - Der iranische Außenminister betonte mit Blick auf die in den letzten Monaten stattgefundenen trilateralen Gespräche zwischen Iran, China und Russland zum iranischen Atomprogramm, dass Teheran bereit sei, die Themenagenda dieser Gespräche zu erweitern.

Wie die Nachrichtenagentur IRNA am Sonntagabend berichtete, äußerte sich Abbas Araghchi in einem Interview mit dem russischen Fernsehsender Russia Today. Auf die Frage des Moderators nach der Position des iranischen Außenministeriums zur trilateralen Zusammenarbeit zwischen Russland, Iran und China im Umgang mit internationalen Herausforderungen erklärte Araghchi:

„Eine Zusammenarbeit zwischen Iran, China und Russland ist angesichts der heutigen globalen Lage eine Notwendigkeit.“

Er fügte hinzu:

„Wir haben bereits seit einiger Zeit Gespräche zu unserem Atomprogramm in einem trilateralen Rahmen begonnen und mehrere Treffen abgehalten. Wir sind bereit, diese Gespräche fortzuführen und auch auf andere Themenfelder auszuweiten.“

Araghchi betonte:

„Iran, China und Russland können durch abgestimmtes Handeln wirksame Schritte zur Förderung von Frieden und internationaler Sicherheit unternehmen – und wir verfolgen dieses Ziel mit Nachdruck.“

Zurückliegende trilaterale Treffen und gemeinsame Positionen

Wie IRNA berichtet, fand zuletzt am Freitag, dem 14. März 2025 (24. Esfand 1403), in Peking ein Treffen auf der Ebene der stellvertretenden Außenminister der drei Länder statt, bei dem es um das iranische Atomprogramm ging. Die Teilnehmer einigten sich darauf, tragfähige diplomatische Lösungen zu finden, die westlichen Vorurteilen und Missverständnissen über das iranische Nuklearprogramm entgegenwirken und zugleich Irans legitimes Recht auf friedliche Nutzung von Atomenergie im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags berücksichtigen.

Anschließend trafen sich Vertreter Russlands und Chinas mit dem iranischen Vizeaußenminister Kazem Gharibabadi in Wien, um im Sinne des trilateralen Dialogs die gemeinsamen Standpunkte zu vertiefen.

Ein weiteres Treffen auf Expertenebene fand am 19. Farvardin 1404 (7. April 2025) in Moskau statt. Laut dem russischen Vizeaußenminister Andrej Rudenko befasste man sich dort mit möglichen Szenarien für die Zeit nach dem Auslaufen des Atomabkommens (JCPOA) und der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats.

Hoffnung auf Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan

Auf die Frage, ob bei den Gesprächen mit dem russischen Präsidenten und Außenminister auch die Lage im Südkaukasus thematisiert wurde, antwortete Araghchi:

„Ja, insbesondere mit Außenminister Lawrow haben wir ausführlich über die jüngsten Entwicklungen im Kaukasus gesprochen.“

Er unterstrich:

„Die Politiken Irans und Russlands in dieser Region sind aufeinander abgestimmt. Wir stehen in ständigem Kontakt. Es gab bereits gemeinsame Treffen mit den Ländern der Region, und neuerdings verfolgen wir das Format ‚3+3‘ – bestehend aus Aserbaidschan, Georgien und Armenien sowie Iran, Russland und der Türkei.“

Er ergänzte, dass die georgische Seite noch Vorbehalte gegenüber diesem Mechanismus habe, er aber hoffe, dass diese bald ausgeräumt werden können.

Araghchi betonte:

„Iran und Russland sind sich einig, dass regionale Probleme nur von den Ländern der Region selbst gelöst werden können. Externe Akteure tragen nicht zur Sicherheit bei – im Gegenteil, sie wirken oft destabilisierend.“

Er fügte hinzu:

„Deshalb glauben wir, dass das 3+3-Format sowie bilaterale Konsultationen geeignete Wege sind, um regionale Fragen im Kaukasus zu lösen.“

Zudem äußerte er sich optimistisch hinsichtlich des sich anbahnenden Friedensvertrags zwischen Armenien und Aserbaidschan:

„Beide Länder stehen kurz vor einer Einigung, und wir hoffen auf eine baldige Unterzeichnung. Ein solcher Vertrag würde die Region in eine neue Phase führen – mit besseren wirtschaftlichen und politischen Beziehungen.“

Beispiellose Nähe zwischen Russland und Iran

Auf die Frage nach dem aktuellen Stand der bilateralen Beziehungen mit Russland sagte Araghchi:

„Die Beziehungen zwischen Teheran und Moskau waren noch nie so eng und gefestigt wie heute.“

Er hob hervor:

„Wir verfügen mittlerweile über ein umfassendes strategisches Partnerschaftsabkommen, das unsere Beziehungen auf ein strategisches Niveau hebt. Großprojekte laufen bereits, der Handel hat sich signifikant erhöht, und trotz der Sanktionen gibt es keine ernsthaften Hindernisse für unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit.“

Araghchi erklärte:

„Unsere Wirtschaftsbeziehungen sind sanktionsresistent konzipiert. Wir warten nicht auf deren Aufhebung, sondern entwickeln unsere Zusammenarbeit weiter – unabhängig davon.“

Auch politisch seien die Konsultationen intensiv und eng abgestimmt:

„In vielen internationalen Fragen vertreten wir ähnliche oder identische Positionen – auch wenn es in Einzelfällen Meinungsverschiedenheiten gibt. Das Wichtigste ist jedoch: Wir befinden uns in einem ständigen, abgestimmten Dialog.“

Sein Moskau-Besuch einen Tag vor dem zweiten Verhandlungsrunde mit den USA sei ein klares Signal:

„Wir lassen unsere Freunde in schwierigen Zeiten nicht im Stich – weder damals noch heute.“

Strategischer Partnerschaftsvertrag steht vor Umsetzung

Zur Frage nach der Umsetzung des Partnerschaftsvertrags sagte Araghchi:

„Das iranische Parlament wird den Vertrag in den kommenden Tagen ratifizieren. Ich rechne mit einem Inkrafttreten innerhalb weniger Wochen.“

Er hob die Langfristigkeit des Abkommens hervor:

„Die strategische Partnerschaft verleiht den bilateralen Beziehungen eine neue Tiefe. Auch wenn viele Formen der Kooperation bereits bestehen, schafft dieses Abkommen ein solides Fundament – es gilt zunächst für 20 Jahre und kann verlängert werden.“

Araghchi betonte:

„Diese Vereinbarung sendet auch ein klares Signal an die Welt: Iran und Russland verfolgen eine langfristige Zusammenarbeit, die nicht durch temporäre Krisen gefährdet wird. Ich bin überzeugt, dass dadurch die Zusammenarbeit künftig noch dynamischer verlaufen wird.“

Rolle Russlands im Atomdossier

Bezüglich der Rolle Russlands im Atomstreit erklärte Araghchi:

„Russland hat stets eine diplomatische Lösung unterstützt, eigene Vorschläge eingebracht und war maßgeblich an der Aushandlung des JCPOA beteiligt. In schwierigen Phasen der Verhandlungen war Moskau eine konstruktive Kraft.“

Er äußerte die Hoffnung, dass Russland auch künftig eine solche Rolle einnehmen wird:

„In meinen Gesprächen mit Präsident Putin und Außenminister Lawrow haben wir darüber gesprochen, wie Russland aufgrund seiner Erfahrung und Stellung im UN-Sicherheitsrat eine faire Lösung in den indirekten Gesprächen zwischen Iran und den USA unterstützen kann.“

Widerstand gegen Druck – keine Konzessionen

Bezüglich der US-Politik sagte Araghchi:

„Wir haben bewiesen, dass wir auf Druck, Drohungen oder Einschüchterung nicht reagieren. Die Politik der maximalen Eskalation, auch mit militärischer Aufrüstung in unserer Nähe, hat nichts an unserer Haltung geändert.“

Er stellte klar:

„Wir werden unsere Würde, Ehre und Interessen nicht wegen ausländischen Drucks opfern. Ich glaube nicht, dass militärische Drohungen Realität werden – denn man kennt inzwischen unsere Fähigkeit zur Selbstverteidigung.“

Israel wird keinen Angriff wagen

Zu möglichen israelischen Angriffen ohne US-Rückhalt erklärte Araghchi:

„Israel war nie in der Lage dazu – weder früher noch heute oder in Zukunft. Selbst mit amerikanischer Unterstützung nicht.“

Er ergänzte:

„Wir sind in der Lage, uns selbst gegen die USA zu verteidigen – und sie wissen das. Israel weiß das ebenfalls. Deshalb denke ich nicht, dass sie ein solches Risiko eingehen würden – und auch Washington wird diesen gefährlichen Weg nicht beschreiten.“

Keine Eile im Verhältnis zur syrischen Regierung

Zur Lage in Syrien sagte Araghchi:

„Die Entwicklungen sind besorgniserregend – die israelische Besatzung syrischer Gebiete nimmt zu, inzwischen ist das besetzte Territorium größer als der Gazastreifen.“

Er betonte:

„Für Iran und auch für Russland hat die Wahrung der territorialen Einheit Syriens und die Rückkehr zu Frieden höchste Priorität.“

Bezüglich der syrischen Regierung sagte er:

„Wir haben aktuell keine aktiven Beziehungen zur syrischen Regierung – und sehen keinen Grund zur Eile. Wir waren früher stark engagiert und wissen, wie wir zum Frieden beitragen können. Doch letztlich liegt es an Damaskus, uns um Hilfe zu bitten.“

Das Interview wurde am Freitagnachmittag, dem 18. April 2025 (29. Farvardin 1404), zum Abschluss der zweitägigen Moskaureise Araghchis geführt. Vor seiner Rückreise nach Teheran betonte er die positiven Resultate seiner Gespräche mit Präsident Putin und Außenminister Lawrow und kündigte eine bevorstehende Reise nach Peking zur Fortsetzung trilateraler Konsultationen an.