Teheran (IRNA) - Gewalt und aggressives Verhalten sind in der deutschen Gesellschaft zu einer Normalität geworden, insbesondere nach der Corona-Epidemie. Besorgniserregend ist jedoch die Zunahme und das Fortbestehen dieser Gewalt im Alltag der Deutschen.

In den letzten Jahren hat die Aggressivität und Gewalt in der deutschen Gesellschaft zugenommen. Experten glauben, dass es viele Gründe gibt, die die Ausbreitung von Gewalt verursachen und insbesondere die Corona-Pandemie sie angeheizt hat.

In diesem Zusammenhang schreibt Deutsches Ärzteblatt: wenn die Aggressivität zunimmt, nimmt der Respekt ab. So könnte man die Entwicklung in der Gesellschaft in den letzten Jahren auf den Punkt bringen. Sie zeigt sich unter anderem darin, dass sich Verbände und Mitarbeiter von Polizei, Rettungsdiensten, Lehrern und Behörden über eine zunehmende Verrohung und Gewaltbereitschaft beschweren. Auch Ärzte und medizinisches Personal sind von verbalen und körperlichen Angriffen betroffen. Laut einer aktuellen Befragung von 831 Hausärzten waren 73 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten mit aggressivem Verhalten von Patienten konfrontiert. Vor allem Rettungssanitäter, Notärzte und Psychiater werden attackiert, aber auch viele niedergelassene Ärzte und ihr Personal haben schon Beleidigungen, Drohungen, Bisse, Spucke oder Schläge abbekommen.

Für Ärzte und medizinische Fachkräfte sind verbale und körperliche Attacken fast immer belastend. Neben körperlichen Verletzungen und Hämatomen können sich Angstzustände, Erschöpfung, Schlafstörungen mit Albträumen und eine posttraumatische Belastungsstörung einstellen. Sie können dazu führen, dass Ärzte und medizinisches Personal Angst vor Patienten und eskalierenden Situationen entwickeln und ihren Beruf nicht mehr ausüben wollen. Aber selbst wenn es nicht soweit kommt, kosten Zwischenfälle mit aggressiven Patienten Zeit, Aufmerksamkeit und Nerven, hinterlassen einen schlechten Eindruck bei anderen Patienten, demotivieren das Team, senken die Leistungsfähigkeit und belasten die Arbeitsatmosphäre.

Was bedeuten 'Aggressionen' und 'Gewalt'

Aggressionen: Im wissenschaftlichen Sinne spricht man von verschiedenartigen Sinnesperspektiven, die auf evolutionär entstandenes Verhalten zurückzuführen sind. Diese Sinnersperspektiven können folgende sein:

•- explorative Aggression: Erforschung von Territorien, Testung von Grenzen
•- spielerische Aggression: Ausprobieren von körperlicher Stärke, Lust am Kräftemessen, Ringen und Rangeln
•- kontaktierende Aggression: Interesse am anderen, Bedürfnis nach Zuwendung wird in Form von Aggressionen zum Ausdruck gebracht
•- defensive Aggression: man fühlt sich bedroht und setzt sich zur Wehr, um unverletzt zu bleiben
•- destruktive Aggression: absichtlich schädigendes Verhalten gegen Personen oder Sachen.

Aggression wird hier definiert als eine Handlung, mit der eine Person eine andere Person zu verletzen versucht oder zu verletzen droht, unabhängig davon, was letztlich das Ziel der Handlung ist.

Gewalt: Der Begriff „Gewalt“ lässt sich von der oben genannten Erklärung der Aggression ableiten. Denn heutzutage spricht man von Gewalt, wenn die destruktive Aggression in deutlichem Maße von den sozialen Normen abweicht und in massiver Form schädigend wirkt. Diese Definition von Gewalt schließt nicht nur physische Schädigung ein, sondern auch die psychische.

Gewalt ist das, was Opfer schafft. Eine der offensichtlichsten Formen von Gewalt in Deutschland ist Gewalt gegen Frauen. Wie die Internetseite der Organisation 'Medicamondiale' beschreibt: Es gibt verschiedene Erscheinungsformen der Gewalt: sexualisierte, physische, psychische, soziale und finanzielle Gewalt. Häusliche beziehungsweise familiäre Gewalt oder Gewalt in Partnerschaften oder engen sozialen Beziehungen bezeichnet jegliche Gewalt, die durch nahestehende Personen ausgeübt wird.

Bundeskriminalstatistik über Gewalt gegen Frauen In Deutschland

- 148.031 Menschen, zu knapp 81 Prozent Frauen, waren laut Bundeskriminalamt im Jahr 2020 in Deutschland von Delikten versuchter und vollendeter Partnerschaftsgewalt betroffen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

- Bei 3.389 Delikten im Bereich sexualisierter Gewalt in der Partnerschaft war der Anteil betroffener Frauen mit 98 Prozent besonders hoch.

- 79,1 Prozent der 122.537 Tatverdächtigen bei vollendeten und versuchten Delikten der Partnerschaftsgewalt waren männlich. Bei 38,9 Prozent der registrierten Tatverdächtigen handelte es sich um ehemalige Partner:innen, bei 34,3 Prozent um Ehepartner:innen der Betroffenen und bei 30,4 Prozent um Partner:innen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 65,3 Prozent der Tatverdächtigen waren deutsche Staatsangehörige.

Welche Folgen hat die Gewalt für die Gesellschaft?

Gewalt gegen Menschen hat weitreichende Folgen für die Gesellschaft. Zum Beispiel bei Gewalt gegen Frauen beeinträchtigen Transgenerationale Traumata, die von Überlebenden sexualisierter Gewalt an ihre Kinder weitergegeben werden können, die psychische Gesundheit ganzer Familien. Einschränkungen von Personen beim Zugang zu Bildung sowie der Berufswahl führen dazu, dass Gesellschaften nicht vom Potential ihrer Bevölkerung profitieren kann. Die Folge: viele Meischeen können keinen oder nur einen geringen Beitrag zur Finanzierung der Familie leisten. Ihre geringe Bildungschancen wiederum stehen in direktem Zusammenhang mit Armut und sogar der Klimakrise.

Studien zeigen, dass das Ausmaß der Teilhabe von Frauen direkten Einfluss auf die Stabilität eines Staates sowie seinen wirtschaftlichen Erfolg hat. Frauen, die Gewalt erlitten haben, fallen aufgrund physischer und psychischer Verletzungen häufiger bei der Arbeit aus, was die Produktivität von Unternehmen verringert und der Volkswirtschaft bedeutende Schäden zufügt. So trägt die Gesellschaft darüber hinaus die Kosten für Gewalt gegen Frauen, in Form von Kosten für Frauenhäuser, Gerichtsverfahren, Polizeieinsätze oder psychologische und medizinische Behandlungen. Außerdem: Wie die UN-Resolution 1325 anerkennt, ist sexualisierte Gewalt nicht nur ein ernsthaftes Hindernis für erfolgreiche Friedensprozesse, sondern gefährdet auch nachhaltigen Frieden und Stabilität. Friedensabkommen, die ohne Beteiligung von Frauen entstanden sind und deren Bedarfe nicht einbeziehen, können auf Dauer nicht erfolgreich sein.

Proteste gegen Corona-Maßnahmen mit zunehmender Aggression

Die deutsche Gesellschaft erlebt übrigens seit der Corona-Epidemie eine zunehmende Gewalt bei Straßenprotesten. Manche Gegner der Corona-Maßnahmen werden immer aggressiver. Die Politik ist gefordert. Aber wie?
Der Fernsehsender ARD berichtet darüber: Man wisse seit der Corona-Pandemie um das "Greifen rechter Netzwerke, rechter Strukturen und Verbindungen von Querdenkermilieus und Corona-Leugner-Szene". Das sei besorgniserregend. Soweit die Beschreibung der neuen Grünen-Fraktionschefin. Ihre Lösung? Man müsse die Strategien gegen Rechtsextremismus in der Gesellschaft weiterentwickeln sowie Hass und Hetze im Netz bekämpfen.

Der Bundesjustizminister Marco Buschmann hat auf die Frage, wie der zunehmenden Aggressivität in der Pandemie zu begegnen sei, etwas ganz Ähnliches geantwortet: In der Gesellschaft sei es wichtig, dass man diese Dinge nicht unwidersprochen hinnehme. "Wenn Strafgesetze verletzt werden, muss es eine klare Antwort geben. Und viele dieser Phänomene verletzen heute schon geltendes Strafrecht", so der FDP-Politiker. Die nötigen Gesetze dafür gebe es, man müsse sie nur durchsetzen.

Proteste sind nur vorgeschoben?

Vordergründig richten sich die jüngsten Proteste gegen das staatliche Vorgehen in der Corona-Pandemie. Insbesondere gegen eine allgemeine Impfpflicht. Doch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hält das nur für vorgeschoben. "Diejenigen, die sich von einer Impfpflicht in die Radikalisierung treiben lassen, hätten sich auch so radikalisiert", sagte der SPD-Politiker dem NDR.

'Dieser Typ Mensch nimmt jedes Thema, sei es die GEZ oder damals bei Pegida die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes oder anderen Stuss. Das sind Menschen, die lassen sich von allem anderen auch in die Radikalisierung treiben.', so er. Nach Pistorius‘ Einschätzung geht es um eine Ablehnung des Staates insgesamt. Es handele sich um eine Gruppe, darunter Reichsbürger und Rechtsextremisten. Aber wenn diese Bedingungen andauern, gibt es Bedenken über eine Spaltung der Gesellschaft. Aus diesem Grund beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz die Radikalisierung der Corona-Proteste schon länger. Seit etwa einem Dreivierteljahr gibt es dafür eine eigene Bezeichnung.

Vertrauen in den Staat soll erschüttert werden

Es gehe den Anhängerinnen und Anhängern der Szene darum, das Vertrauen in staatliche Institutionen und deren Vertreter nachhaltig zu erschüttern. Mit einer Impfpflicht, Maskenvorschriften oder staatlichen Kontrollen muss das also gar nichts zu tun haben.

Extremisten beobachten, Straftaten auch im Netz konsequent verfolgen, öffentlich widersprechen - das sind die Rezepte der Politik gegen die zunehmende Radikalisierung der Pandemie-Proteste. In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP außerdem vereinbart, Vereine und Initiativen gegen Extremismus dauerhaft zu unterstützen.

Die Experte kritisieren auch die Ausschreitungen bei Corona-Protesten, die Gewalt gegen Polizisten, Journalisten und Politiker sowie die Angriffe auf Impfzentren. Diese seien durch nichts zu rechtfertigen. So habe sich die Zahl der Angriffe auf Vollstreckungsbeamte um sechs Prozent erhöht.

"Probleme schon vor Pandemie"

"Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn ist vollkommen inakzeptabel", sagte die Linken-Abgeordnete Sabine Zimmermann. Sie hatte die Anfrage gestellt. 2020 habe die Gewaltneigung bei Fahrgästen trotz sinkenden Fahrgastaufkommens zugenommen. "Den Bahnbeschäftigten wurden mit der Durchsetzung der Maskenpflicht faktisch polizeiliche Aufgaben aufgebürdet."

Diese Menschen würden die Last öffentlicher Aufgaben tragen, während ihnen die Vorteile einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst verwehrt bliebe. Nach Zimmermanns Ansicht belegen die Zahlen, dass die Probleme schon vor der Pandemie begonnen hätten. Immer wieder entlade sich auch Frust über die Bahn in Gewalt gegen Beschäftigte.

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