20.12.2023, 09:54
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Zwischen Demokratie und Verbot: Deutschland steht vor der Herausforderung durch die AfD

Teheran (IRNA) - Mit dem Aufstieg der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD), der derzeit zweitstärksten Partei des Landes, steht Deutschland vor einer entscheidenden Herausforderung für seine Demokratie. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vorgeschlagen, die AfD zu verbieten, aber das ist vielleicht nicht die Lösung.

Der Aufschwung der AfD spiegelt allgemeinere Probleme wider, wie das Versagen der etablierten Parteien und die Folgen bestimmter politischer Maßnahmen, wie die abrupte Abkehr von der Kernenergie und die Abhängigkeit von russischem Gas[i]. Während in der Öffentlichkeit darüber diskutiert wird, ob die AfD verboten werden soll, zeigen die historischen Versuche, politische Bewegungen in Deutschland zu verbieten, die Komplexität und die möglichen Fallstricke solcher Maßnahmen. Für Deutschland ist es von entscheidender Bedeutung, die Ursachen für den Aufstieg der AfD zu bekämpfen, anstatt auf undemokratische Methoden zurückzugreifen, da ein Verbot der Partei ihre Anziehungskraft auf Wähler, die vom politischen Establishment desillusioniert sind, nur verstärken könnte.

Deutschland am Scheideweg: Der Aufstieg der extremen Rechten und das Ringen um Inklusion

In den gesellschaftlichen Kreisen Berlins, wo sich die Gespräche derzeit häufig um das unsichere politische Klima drehen[ii], insbesondere angesichts der sich abzeichnenden Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung der rechtsextremen AfD, ist die Atmosphäre von einem spürbaren Gefühl der Beunruhigung geprägt. Die Tatsache, dass die AfD in nationalen Umfragen derzeit die zweitstärkste Partei ist und sogar die Regierungsparteien hinter sich lässt, hat dem politischen Diskurs einen beunruhigenden Ton verliehen. Dieses Unbehagen wird durch die zunehmende Verbreitung von einwanderungsfeindlicher Rhetorik im Alltag noch verstärkt.

Die Beunruhigung ist nicht nur bei gesellschaftlichen Zusammenkünften spürbar, sondern auch bei realen Begegnungen, bei denen Einzelpersonen sogar in überfüllten U-Bahn-Stationen aufgrund ihrer vermeintlichen Fremdheit angefeindet werden. Handgeschriebene Briefe mit anonymen Unterschriften unterstreichen die wachsende Intoleranz und schaffen ein Umfeld, in dem sich Minderheiten zunehmend angegriffen fühlen. In diesem Zusammenhang offenbart die auf Partys beiläufig gestellte Frage, ob man Deutschland verlassen sollte, eine tief sitzende Besorgnis unter denjenigen, die das Privileg haben, einen solchen Schritt in Erwägung zu ziehen.

Die Angst beschränkt sich jedoch nicht nur auf diejenigen, die über eine Auswanderung nachdenken, sondern auch auf diejenigen, die nicht den Luxus haben, das Land zu verlassen - Freunde, Familien und Genossen, die tief im Land verwurzelt sind. Die Aussicht auf eine rechtsextreme, offen einwanderungsfeindliche Regierung stellt für Minderheiten und Nachkommen von Einwanderern[iii] einen Alptraum dar. Für diejenigen, die weder die deutsche Staatsbürgerschaft noch einen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, könnte dieser Alptraum bereits Realität sein, wie die neuen Gesetze zur Beschleunigung von Abschiebungen und die harte Behandlung von Einwanderern durch die Polizei, insbesondere in Vierteln wie Neukölln, zeigen.

Die Welle der Populisten steigt: Der Einfluss von Sahra Wagenknechts neuer Partei auf die politische Landschaft in Deutschland

Die Ankündigung der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht, eine neue Partei, die Sahra Wagenknecht Allianz (BSW), zu gründen, hat in Deutschland für Aufsehen gesorgt und könnte die politische Dynamik des Landes neu gestalten. Die charismatische Wagenknecht[iv], die von der Partei Die Linke abgewandert ist, um ihre eigene Partei zu gründen, hat vor allem wegen ihrer sich entwickelnden Positionen zum Kommunismus, zur Einwanderung und zu gesellschaftspolitischen Fragen Interesse geweckt. Während ihre wirtschaftlichen Vorschläge mit der Mitte-Links-Politik übereinstimmen, ähnelt ihre Rhetorik zur Einwanderung der der rechtsextremen AfD. Trotz erster Umfragen, die auf eine signifikante Unterstützung schließen lassen, gibt der Aufstieg ihrer Partei Anlass zur Sorge über ihre Auswirkungen auf das empfindliche politische Gleichgewicht in Deutschland.

Wagenknechts politisches Programm findet bei beachtlichen 14 % der deutschen Wählerinnen und Wähler Anklang und positioniert ihre Partei knapp hinter den regierenden Sozialdemokraten und vor den Grünen[v]. Ihre Strategie, an enttäuschte AfD-Wähler zu appellieren, könnte den Wahlerfolg der rechtsextremen Partei möglicherweise schmälern. Die AfD hat zurückhaltend reagiert, aber selbst bei einem möglichen Erfolg Wagenknechts würde die AfD immer noch einen beachtlichen Wähleranteil behalten. Der Aufstieg von Wagenknechts Partei könnte die Bildung von Mehrheitsregierungen ohne die AfD oder ihre Partei erschweren und zu einer möglichen Neuordnung des deutschen Parteiensystems beitragen.

Inmitten der geschwächten politischen Landschaft Deutschlands, die von Machtkämpfen, ineffektiven Koalitionen und nicht eingehaltenen Versprechen geprägt ist, spiegelt Wagenknechts populistischer Ansatz einen breiteren Trend in der deutschen Politik wider. Es wird erwartet, dass ihr Programm, das sich noch in der Entwicklung befindet, zentrale Regierungsversprechen aus dem gesamten politischen Spektrum aufgreift und sich auf soziale Dienste, eine stärkere Wirtschaft und weniger bürokratische Hürden konzentriert. In einem Kontext, in dem nationalistisch-populistische Stimmungen weltweit, auch in Deutschland, an Schwung gewinnen, könnte Wagenknechts Eintritt in die  politische Arena den Wandel des Landes in Richtung einer nationalistisch-populistischen Richtung beschleunigen.

[i] https://www.welt.de/politik/deutschland/article247244950/AfD-setzt-bei-Energieversorgung-auf-Gas-aus-Russland-und-Atomkraft.html

[ii] https://www.progressives-zentrum.org/klimapolitik-wider-rechte-maximalopposition/

[iii] https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/260307/rechtsextremismus-in-der-einwanderungsgesellschaft/

[iv] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wagenknecht-neue-partei-100.html

[v] https://www.fr.de/politik/bsw-spd-linke-politik-gendern-klima-arbeiterklasse-sahra-wagenknecht-zr-92717736.html

Von Hussein Pabarja

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